„Eins, zwei, drei …“ Kuzey rennt in die Mitte der Moschee. Von der anderen Seite fliegt Emilian heran. Beide wollen das weiße Tuch ergattern, dass Mohamed in der Mitte des Gebetsraumes in die Höhe hält. Angefeuert werden sie von ihren katholischen Mitschülern der Klasse 6a. And the winner is …?

Es ist der Abschluss der Viersener Moscheebesichtigung, die die Klasse 6a am Dienstag letzter Woche mit ihrem Religionslehrer Herrn Wichtrup durchführte. Eigentlich wollten sie schon letztes Jahr dorthin. Im Rahmen eines Stationenlernens hatten sich die Schüler intensiv vorbereitet. Doch leider kollidierten die Religionsstunden mit dem Freitagsgebet der Muslime. „Dann ist unsere Moschee immer rappelvoll“, erklärt der Imam. „Der Gebetsraum der Männer, der angegliederte Raum für die Frauen und sogar der Keller muss für die Gläubigen geöffnet werden.“
Pünktlich um 13.10 Uhr treffen sie sich in der Klasse und fahren mit dem Linienbus nach Viersen. Nach einem knapp zehnminütigen Fußmarsch treffen sie in der Moschee ein.
Zuerst geht es in den Waschraum der Männer. Dort kommt ihnen Mohamed entgegen, der gerade seine Waschungen vollzogen hat. Mit seiner Hilfe zeigt uns Kuzey die rituelle Waschung. Hinter den Ohren, dann die Arme, in die Nase, der ganze Kopf und abschließend die Füße. „Das steht genauso in der Sure 6,6“, erklärt uns der 14-jährige Mohamed stolz.
Danach begibt sich die Klasse in den Gebetsraum der Männer, wo gerade das Mittagsgebet (ṣalãt) abgehalten wird. Alle ziehen leise die Schuhe aus und setzten sich andächtig auf die abgetrennte Bank im hinteren Teil der Moschee. „Fünfmal am Tag soll ein Muslim beten. An der Seitenwand werden die Gebetszeiten elektronisch angezeigt“, übersetzt später der Gemeindevorsteher. Er und der vorbetende Imam, der außer „eins, zwei, drei“ kein deutsches Wort kann, freuen sich, uns ihre Moschee erklären zu können.

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Beindruckend war der Gesang des Imams. „Ob Herr Eickhoff auch so singen kann?“, tuschelt Eva. „Warum dürfen die Männer nicht mitsingen?“ Alle diese Fragen erläutert uns der Imam, der auf Türkisch auch Hodscha genannt wird, nach Beendigung des Mittagsgebetes. Kuzey darf sogar das Gewand des Imams anziehen, auf die Minbar (Kanzel) klettern und an die Klasse durch das Mikrofon einige Worte richten.
Im Gebetsraum der Frauen kommt die Frage auf, warum sie getrennt von den Männern beten müssen. „Damit sie uns beim Gebet nicht ablenken uns wir uns ganz auf Allah konzentrieren können“, antwortet der Gemeindevorsteher. Das stößt bei einigen Mädchen der Klasse auf Missverständnis. „Sind die Frauen im Islam den Männern gegenüber nicht gleichberechtigt?“, wir weiter gebohrt.
„Aber ich finde es schon erstaunlich, wie intensiv und andächtig die Männer und Jungen beten“, fügt Abelina hinzu. „Da könnten wir uns in unserer Kirche ein Scheibe von abschneiden. Eine Kirche ist schließlich ein Gotteshaus.“ „Ich finde die farbigen Wände und den kuscheligen Teppichboden besonders toll.“, flüstert Cleo.
Nachdem uns die verschieden arabischen Schriftzeichen an den Wänden übersetzt wurden, versammelt sich die Klasse für ein Abschlussfoto vor der Mihrab (Gebetsniche des Imams). „Wir müssen uns beeilen, um den Bus nicht zu verpassen!“. Schnell ziehen wir unsere Schuhe wieder an und betreten den Innenhof. Dort steht lachend der Imam und überreicht jedem ein Trinkpäkchen zur Verabschiedung.
Ach ja: „Eins, zwei, drei …..“ Gewonnen hat Kuzey, der sehr stolz war, uns seine Moschee zeigen zu dürfen, in der er samstags regelmäßig am Koranunterricht teilnimmt, um später selbständig am ṣalãt teilnehmen zu können.
„Und wo fahren wir nächstes Jahr hin?“, fragt Emilia im Bus. „Wir behandeln doch gerade das Judentum“. „Vielleicht in eine Synagoge?“, entgegnet Frizzi.

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