Viersen-Dülken · Französische Ansagen für Spielzüge, drei Teams und ein Luft-gefüllter Riesen-Ball: Das Albertus-Magnus-Gymnasium ist eine von nur zwei NRW-Schulen, die das Kinball lehrt. Das ist eine Chance.

von Daniela Buschkamp

Es erinnert an den Titanen Atlas aus der griechischen Mythologie, der kniend das Himmelsgewölbe stützt. Ähnlich knien einige Jugendliche in der großen Turnhalle des Albertus-Magnus-Gymnasiums in Viersen-Dülken. Glück für sie: Sie tragen nicht das Himmelsgewölbe, sondern stützen mit ihren ausgestreckten Armen einen großen pinkfarbenen Ball. Er misst beeindruckende 1,22 Meter im Durchmesser, wiegt aber nur ein Kilogramm. Dann ruft ein Teammitglied: „Omnikin“. Das Spiel beginnt.

Allerdings trägt der Ruf wenig zum Verständnis des Beobachters bei. Auch, als auf Französisch „noir“ („Schwarz“ für die Farbe der anderen Mannschaft auf dem Spielfeld) gerufen wird, versteht man noch nicht mehr. Dann wird der leichte XXL-Ball abgeschlagen. Wie, das hat ASV-Trainer Paul Irskens den zehn Jugendlichen zuvor erklärt und in einem Video gezeigt. Mit einem 90-Grad-Schlag soll eine Mannschaft den XXL-Ball über das Spielfeld bewegen. Ihr Ziel: einen Punkt zu erzielen. Das gelingt mit Würfen, die für das gegnerische Team nicht zu halten sind, ehe der Ball auf den Hallenboden aufkommt.

Das Spiel ist ungewöhnlich: ein riesiger Ball, drei Teams mit vier Spielern, die abwechselnd gegeneinander antreten: Kinball ist ein Trendsport aus Kanada. In Deutschland ist er noch wenig bekannt. In Viersen allerdings schon: Der ASV gehört zu den Gründern der noch jungen Kinball-Bundesliga und steht dort derzeit auf Rang 10. Und auch das bischöfliche Albertus-Magnus-Gymnasium will Kinball bekannter machen. Die Dülkener Schule ist eine von lediglich zwei Schulen in ganz Nordrhein-Westfalen, an der Jugendliche Kinball spielen können. Möglich ist das durch eine weitere Kooperation mit dem Sportverein ASV Süchteln. Die Gymnasiasten sollen für das schnelle Trendspiel begeistert werden. Und nicht nur das.

Begeistert sind die Jugendlichen, die seit August Kinball spielen, schon jetzt. „Das ist mal was Neues“, sagt der 15-jährige Benedikt. Und die gleichaltrige Anna, die schon Fuß- und Handball sowie Tischtennis gespielt hat, ist vom neuen, schnellen Ballsport begeistert. Die beiden gehören zu den Mitgliedern der einmal pro Woche stattfindenden Kinball-Arbeitsgemeinschaft.

Zum Training teilen sie in der Regel die Spieler in drei Mannschaften mit grauen, blauen und schwarzen Leibchen auf und treten abwechselnd gegeneinander an, bis die besten beiden Teams das Finale austragen. Wie lang ein Spiel dauert, sei schwer abzuschätzen, sagt der Trainer. Dies hänge davon ab, ob gleichwertige Mannschaften auf dem Feld stehen. Dann würden die Spiele länger dauern.

Für AMG-Leiterin Ursula Deggerich ist diese neue AG ein weiteres Beispiel für eine gelungene Zusammenarbeit mit dem Süchtelner Sportverein. Seit neun Jahre können die Gymnasiasten in Arbeitsgemeisnchaften Judo, Tischtennis spielen, schwimmen oder tauchen. Den Jugendlichen jetzt einen kaum bekannten Trendsport bieten zu können, sei eine tolle Sache — vielleicht bald auch für die Jüngeren, meint die Schulleiterin.

Entstanden ist die Arbeitsgemeinschaft durch den Austausch von Sportlehrer Alexander Wojatzki, der an der Schule die Kooperation mit dem ASV koordiniert und der Kinball bei einem Trendsporttag kennengelernt hatte, mit Vereins-Trainer Paul Irskens. Er ist Kapitän des Kinball-Bundesliga-Teams beim ASV. „Kinball wurde von Sportlehrern entwickelt, eignet sich für Kinder ebenso wie für Menschen im höheren Alter“, sagt Bundesliga-Mannschaftstrainerin Corinna Schneider vom ASV. Dort gibt es Kinball seit 2018.

Die Win-Win-Situation für die Partner: Die Schüler lernen einen neun Sport kennen und können sich durch zusätzliches Training im Verein perspektivisch einen Platz im Bundesliga-Team sichern. Eine Rechnung, die aufgeht: Sechs Jugendliche trainieren bereits außerdem beim ASV. Und haben die Bundesliga im Blick. „Eine schöne Chance für die Schüler“, sagt Alexander Wojatzki. In anderen Sportarten sei dies kaum möglich.

Quelle: Rheinische Post vom 3. November 2023; Foto: Buschkamp